Als die EU-Kommission im Jahr 2004 ihre Ideen für die sog. „Ökodesign-Richtlinie“ vorstellte und damit das Verbot der allseits geliebten Glühbirne postulierte, hätte wohl keiner daran gedacht, dass sich 20 Jahre später alle Produkte in der EU den Anforderungen des Ökodesigns stellen müssen. Doch genau so scheint es jetzt zu kommen.

Bevor wir den Blick in die Zukunft vervollständigen, machen wir einen Schritt zurück ins Jahr 2004. Ziel der allerersten Ökodesign-Richtlinie 2005/32/EG war es, die Energieeffizienz und allgemeine Umweltverträglichkeit „energiebetriebener“ Produkte zu verbessern. Man sprach von den „energy-using products“ und sah somit nur „aktive“ Geräte im Anwendungsbereich der Richtlinie. Schon vier bzw. fünf Jahre später, nämlich 2009, standen wesentlich mehr Produkte im Fokus der bis heute gültigen Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG. Seither legt die Richtlinie Mindestanforderungen an das Produktdesign von sog. „energy-related products“, also energieverbrauchsrelevante Produkte, fest und deshalb heißt das deutsche Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie auch „Energieverbrauchsrelevante-Produkte-Gesetz (EVPG)“.

Welche Produkte fallen unter die Ökodesign-Richtlinie?

Seit 2009 werden nunmehr auch „passive“ Produkte von der Ökodesign-Richtlinie erfasst, die einen Einfluss auf die Energieeffizienz anderer Güter/Produkte haben (wie z. B. Dämmstoffe und Fenster, die maßgeblich die Gebäudeenergieeffizienz beeinflussen können). Die hiermit erfolgte Ausdehnung des Anwendungsbereichs machte eine Priorisierung der zu regulierenden Produkte unabdingbar. Also entschied man seitens der Kommission, sich an folgenden Kriterien bei der Auswahl der zu regulierenden Produkte zu orientieren:

  • Jährliches EU-Verkaufsvolumen von mindestens 200.000 Stück
  • Erhebliche Umweltauswirkungen des jeweiligen Produktes (hoher Ressourcenverbrauch, Ausstoß von Treibhausgasemissionen bei Herstellung und/oder Verwendung im Laufe des Produktlebenszyklus)
  • Erhebliches Potenzial für kostengünstige Verbesserung der Umweltverträglichkeit.

Zu den von der Kommission im Rahmen von Drei-Jahres-Arbeitsplänen untersuchten Produkten werden Vorstudien angefertigt, die dazugehörigen Interessensgruppen (allen voran Hersteller und Verbände) konsultiert und entweder Durchführungsverordnungen verabschiedet, oder aber Selbstregulierungsinitiativen ausgehandelt. Auf diese Art und Weise werden bis heute bereits fast 50 Produktgruppen von Durchführungsverordnungen und den dazugehörigen Kennzeichnungspflichten mit dem EU-Energielabel erfasst (siehe Übersicht hier: BAM – Netzwerke – Ökodesign-Energielabel). Für einige wenige Produktgruppen existieren Selbstregulierungsinitiativen (siehe auch hier: Recognised voluntary agreements under the ecodesign legislation (europa.eu)).

Dieses strukturierte und relativ langatmige Prozedere zur Produktauswahl wird mit Inkrafttreten der neuen Ökodesignverordnung massiv geändert und beschleunigt werden müssen, denn die künftige Verordnung umfasst im Grundsatz ALLE physischen Waren (inklusive Bauteile und Zwischenprodukte), die in der EU in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden (also auch Importe).

Weiterhin beschränkt sich die neue Ökodesignverordnung im Gegensatz zu ihren Richtlinien-Vorgängern nicht mehr „nur“ auf die Energieeffizienz von Produkten. Die Verordnung geht in ihren Ökodesign-Anforderungen sehr viel weiter. Unter Berücksichtigung aller Produktlebenszyklusphasen forciert die neue Verordnung die Verbesserung unzähliger Produktaspekte wie z. B. der Haltbarkeit, Nachrüst- und Reparierbarkeit, Energie- und Ressourceneffizienz, Verringerung des CO2-Fußabdrucks und des Rezyklatanteils.

Um all diese Aspekte beurteilen und deren „Verbesserung“ überhaupt tracken zu können, benötigt die EU-Kommission in nächster Zeit Unmengen an Produktdaten. Wir von tec4U-Solutions sprechen hier konkret vom „Datenhunger“ der Ökodesignverordnung, der durch ein neues Instrument der Produktdatensammlung – dem Digitalen Produktpass – gestillt werden soll.

Spätestens jetzt wird glasklar, dass die EU-Kommission sich mit der neuen Ökodesignverordnung sehr viel vorgenommen hat – und auf Seiten der Hersteller, Händler und Importeure die Produktverantwortung und damit einhergehende Sorgfaltspflichten wachsen müssen. Zwar steht auch im Verordnungsentwurf geschrieben, dass mit den neuen Ökodesign-Anforderungen „keine unverhältnismäßigen administrativen Belastungen und/oder negativen Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit“ für Unternehmen einhergehen dürfen, „verhältnismäßige“ Belastungen und Wettbewerbsnachteile werden aber in Kauf genommen.

Doch es gibt auch gute Neuigkeiten: durch die frühzeitige Offenlegung ihrer Pläne im Hinblick auf das Ökodesign und die Kreislaufwirtschaft gibt die EU-Kommission uns allen die Möglichkeit, schon heute „fehlende“ Produktdaten in der Wertschöpfungs- und Lieferkette zu erheben und die Qualität vorhandener Daten zu verbessern. Werden Sie also möglichst bereits heute zu echten „Datenjägern“ und vermeiden Sie damit möglicherweise entstehende Wettbewerbsnachteile und administrative Mehraufwände, die ein verpflichtender digitaler Produktpass für Ihre Produkte mit sich bringen wird. Wenn Sie Unterstützung benötigen, sprechen Sie uns gerne an. Das Team der tec4U-Solutions unterstützt Sie tatkräftig auf Ihrem Weg zu einem gut gefüllten digitalen Produktpass.

Ihre Ansprechpartnerin zum Thema Ökodesign ist Irina Messerschmidt, erreichbar per E-Mail: i.messerschmidt@tec4U-solutions.com